Besuch aus Kursk 2016

Der Herbst bewegt die Blätter im Park und ich blättere die Seiten im Fotoalbum, das endlich fertig ist. Hier sind die Eindrücke einer Woche versammelt, die ich zusammen mit meinen Freunden aus dem Freundeskreis Kursk-Witten in unserer tollen Partnerstadt verbracht habe.

Das war mein zweiter Besuch in der Stadt mit mehr als 800-jähriger Geschichte. Das erste Mal bin ich nach Deutschland im Jahr 2014 gekommen, die Bekanntschaft mit dem Land fand mit Witten statt. Ich war schon damals von vielen Sachen beeindruckt. Die Stadt hat ihr eigenes einzigartiges Gesicht und Stil.

 

Unsere Woche in Witten begann am frühern Morgen, 27. Juni 2016. Das Wetter war toll, wir sind zusammen mit der Gruppe der Schüler aus der Schule Nr. 6 angekommen. Unterwegs hatten sie viele Fragen an uns Erwachsene gestellt. In der Ruhrbühne, am Treffpunkt, fühlten sie sich erst müde und schüchtern. Man musste sich an neue Bedingungen, neue Situationen gewöhnen. Die Akklimatisierung nahm aber nicht viel Zeit in Anspruch, und bald fühlten  sich unsere jungen Freunde ganz wohl.

Ich erinnere mich an die Wärme des Treffens und des ersten Abends. Viele in der Gruppe haben schon lange Kontakte zu den Wittenern. Da waren Gespräche, Austausch von Nachrichten und Neuigkeiten und für einige das Bekantmachen mit den Gastgebern.

Der erste Tag verging ganz schnell, eigentlich wie der ganze Aufenthalt auch.

 

Am 28. Juni hatten wir einen Rundgang durch die Stadt. Hier konnten wir erstens die Schönheit der Stadt genießen, zweitens die historische Seite der Geschichte kennenlernen. Zum ersten Mal war ich in einem richtigen Fachwerkhaus.

Während des Spaziergangs durch die Stadt sind wir vor einigen Häusern stehen geblieben. Die Geschichte der Stadt verquickt sich ganz eng mit der traurigen Geschichte des Genozids der Juden. Die Namen auf den Stolpersteinen sind schweigende Zeugnisse der Tragödie, die uns an den Wert des heutigen Lebens und Friedens erinnen.

Am Nachmittag hatten wir die Möglichkeit eines Gesprächs mit der Bürgermeisterin. Sie begrüßte uns ganz herzlich und betonte die Wichtigkeit der partnerschaftlichen Verbindungen zwischen beiden Städten. Kursk sei eine der ältesten Partner und Freunde von Witten. Es gebe aber auch viele neue Partner, Witten sei multikulturell und kontaktfreudig.

Nach dem Treffen habe ich lange Zeit vor dem Plakat mit den Fotos aus verschiedenen Jahren der Partnerschaft verbracht: Es war erstaunlich, wie viel in diesen Jahren gemacht worden war, auch bei den Menschen, die ich kenne.

 

Am 29.06. waren wir in Oberhausen und haben die Ausstellung „Wunder der Natur“ besucht. Einzigartige großformatige Fotografien und überwältigende Filmausschnitte zeigten uns die faszinierenden schöpferischen Kräfte des Lebens, erzählten dessen Geheimnisse. Im Prospekt lasen wir: Der Besucher erlebe die faszinierenden Erscheinungen der Erdatmosphäre im Wechsel von Tag und Nacht und dem Wandel der Jahreszeiten. Die Fahrt im gläsernen Panoramaaufzug bot einen Blick auf unseren Heimatplaneten, wie ihn sonst nur Astronauten erleben. Das war wirklich der Höhepunkt des Besuches, schnell flogen die Wolken und flossen Wasserströmungen vor uns, wie bezaubernd blieben wir lange vor dem Panorama stehen. Der Besuch ist bis jetzt im Gedächtnis! Dank an die Organisatoren!

 

Am 30.06 haben wir Düsseldorf besucht und viele Mitglieder der Gruppe waren von dem informativen Gespräch in der Handelskammer beeindruckt. Da die ganze Zeit Russisch gesprochen wurde und das Thema der deutsch-russischen Industrie und Handelsbeziehungen in der Zeit der Krise ganz aktuell ist, haben viele Gäste Interesse gezeigt. Mir persönlich hat das Gespräch mit der Abgeordneten der Stadt Witten imponiert. Verena Schäffer ist eine energievolle Politikerin, die die Hauptlinien des Programms der Grünen in ihrem Leben verwirklicht. Der Tag war inhaltsreich und informativ

 

Am 30.06.regnete es. Aber die Stimmung der Gruppe war hoch! Einer der Teilnehmer,Valerii Lobosov, hatte Geburtstag. Alle zusammen haben wir ihm gratuliert. Dann haben wir auf der Henrichshütte in Hattingen etwas über Stahlbau gehört. DasThema schien schwer zu sein, aber wie das Gespräch von Raimund Carmignac durchgeführt war!!! Wir haben viel Spass gehabt.

Am Nachmittag waren wir in der Stadt Hattingen, deren Straßen und Häuser wie aus der Postkarte stammten. Stadtmauer, Skulpturen, kleine Läden und Restaurants machen die Atmosphäre charmant.

Der Besuch endete in der Bibliothek Witten mit einer Tasse Kaffee: Modern und bequem, so würde ich die Bibliothek beschreiben. Ich selbst mag Bücher, wenn ich in Witten wohnte, würde ich den Tag gerne hier anfangen!

 

Am 01.07. waren wir am Platz des europäischen Versprechens und in der Christuskirche in Bochum. Menschen, zum Teil aus ganz Europa, haben diesem Platz ihren Namen gegeben und sich selber ein persönliches Versprechen. Der Platz ist, Buchstabe für Buchstabe, aus ihren Namen gebaut. Erist 3000 qm groß und 14.726 Namen bilden diesen Platz. Die Versprechen sind allerdings nicht zu finden, es gibt keinen Text, den Inhalt hat sich jederTeilnehmer persönlich gegeben. Sie bleiben unsichtbar, sie sind gleichzeitig öffentlich und frei. Jeder spricht für sich, niemand spricht für andere, es gibt keine Stellvertretung. Diese Ideen finde ich tief.

 

Ich könnte viel über unsere offiziellen Treffen schildern, wunderbare Reisen beschreiben, aber am wichtigsten sind natürlich die Gespräche mit unseren Freunden. Der Prozess macht uns reicher, inspiriert und gibt Stärke bis zum nächsten Treffen. Wir entwickeln uns professionell, bekommen neue Kenntnisse, tauschen unsere Erfahrungen um.

Warmes Dankeschön und viele Grüsse an Rita und Dieter Boele, wo ich mich wie zu Hause fühlte. Das Abschiedfest war wie die Veranstaltung einer großen Familie.

Die Woche war natürlich kurz, aber die Erinnerungen wärmen das Herzen bis heute.

Was meinen Tag besser macht, ist auch die Tasse von der Radiostation Ennepe, die ich von den Kollegen bekommen habe. Der letzte Tag war eine Überraschung! Ich habe meine Kollegen Andreas Wiese, Natalie Klein und Jan Schulte kennengelernt. Da ich selbst für Lokalnachrichten im Radio Europa Plus in Kursk verantwortlich bin, war mir das Thema und das Gespräch ganz nah. Das war eher ein Workshop, wo wir Unterschiede und Ähnlichkeiten auf der Arbeitsebene besprochen haben.

Ich schicke allen meine besten Grüsse!!! Bis zum nächsten Treffen! Danke für alles!

Swetlana Sotnikowa
(Übersetzung von Nadeshda Sotnikowa)

 

Bericht zu dieser Reise in der Kursker Zeitung Gorodskie Iswestija lesen

 

zurück nach Besuchsreisen

zur Startseite