Bürgerreise nach Kursk 2009

Auszüge aus den Reisetagebüchern einiger Teilnehmer

 

26. Mai

Bei kühlem, trockenem Wetter trafen wir uns früh um 3.00 Uhr am Wittener Kornmarkt, ein Kleinbus brachte uns zum Flughafen Köln-Bonn. Im Terminal die üblichen Formalitäten, und pünktlich um 6.00 Uhr startete unsere Maschine. Im Osten kam die Sonne hoch. Nach 3 Stunden erreichten wir Moskau, wegen der östlichen Zeitverschiebung um 2 Std. war es hier schon 11.30 Uhr.

Unser Flughafen Vnukovo, südwestlich der Stadt gelegen, zeigt internationales Flair: gepflegte Anlage mit neu entstandenen Gebäuden. Passkontrolle, Kofferempfang, Zoll - keine Probleme. Wer will, tauscht etwas Geld: Für 1 € gibt es 43 Rubel.

In Vnukovo teilt sich unsere Gruppe: 16 Leute gehen zunächst auf eine mehrtägige Busfahrt nach Tula, Jasnaja Poljana und Woronesch; sie treffen dann am Freitag, dem 29.5. in Kursk ein. Ich begebe mich, zusammen mit einem weiteren Teilnehmer gleich auf den Weiterflug nach Kursk, denn für unsere persönlichen Kontakte dort brauchen wir mehr Zeit. Zum Weiterflug müssen wir allerdings zu einem anderen Moskauer Flughafen Domodedovo, 40 km von Vnukovo entfernt. Die Autofahrt dorthin haben die russischen Freunde meines Begleiters vorzüglich organisiert.

In Domodedovo beeindruckt uns das riesige Empfangsgebäude mit imposanter Glasfassade und moderner Innenarchitektur. Wir haben genug Zeit zum Umschauen, denn erst nach 7 Stunden können wir weiterfliegen: Start bei Sonnenuntergang mit einer kleinen Maschine, ca. 30 Passagiere. Bald wird es dunkel, stimmungsvoll die schmale Mondsichel im Westen. Plötzlich in der Ferne ein winziger heller Fleck, der rasch größer wird: Die erleuchtete Stadt Kursk - das ersehnte Ziel! Landung, ein kurzer Weg zum übersichtlichen Empfangsgebäude, wo uns trotz des späten Abends die befreundeten Familien mit wunderschönen Blumen erwarten und für schnelle Heimfahrt zum Quartier sorgen. Ich wohne privat in einem am westlichen Stadtrand gelegenen Hochhaus bei einer Familie, bei der ich auch schon bei meinen früheren Besuchen wohnen durfte. Die Gute Stube ist für mich reserviert. Ich werde rührend versorgt und kann mich wie zu Hause fühlen.

Neue Wohnhäuser in Kursk

 

27. Mai

Am ersten Vormittag zeigt mir Vasiliy, der Familienvater, einen neuen Supermarkt, ein großes Gebäude mit mehreren Etagen, modernen Aufzügen, Blumenschmuck, alles tadellos sauber. Viele kleine Einzelläden, wo man "alles" haben kann. Personal an jeder Kasse, aber nur wenige Käufer. Und überall laute Musik. Die nächste Attraktion: Die neue riesige Eishalle mit winterlichen Temperatur im Sommer. Auf der glatten Fläche lernen eine Gruppe Kinder unter Anleitung zweier Lehrer Schlittschuhlaufen. Danach führt Vasiliy mich kreuz und quer durch einen lichten Birkenwald. Da gibt es malerische Flecken, man hört seltene Vogelstimmen.

Nach dem Mittagessen begleitet mich Anna, die Mutter, zur erforderlichen polizeilichen Anmeldung; dort muss mein Einreiseformular den wichtigen Stempel bekommen. Diese Prozedur dauert 3,5 Stunden, meine Stimmung ist erheblich beeinträchtigt. Erst abends hellt sie sich auf beim Anhören einer Musik-CD mit der Starpianistin Helene Grimaud.

 

28. Mai

Tiefblauer Himmel, strahlender Sonnenschein. Das Wetter bleibt stabil. Vasiliy begleitet mich zum Mahnmal "Kursker Bogen", einer Erinnerungsstätte an die größte Panzerschlacht des 2.Weltkrieges hier im Kursker Gebiet im Juli 1943. Im Vorgelände aufgereiht damalige sowjetische Waffen (Kanonen, Panzer usw.), dann die schöne Kathedrale mit den Namen tausender gefallener russischer Soldaten, das Relief eines sterbenden Kriegers, daneben eine Ewige Flamme. Der mächtige Triumphbogen, und am Ende auf dem Sockel der Sieger der Schlacht, Marschall Schukow.

Und danach wieder Kultur: In der Lehrerakademie geben die Studenten ein Chorkonzert, begleitet im Wechsel von verschiedenen Instrumenten. Nachmittags Besuche bei zwei befreundeten Familien.

 

29. Mai

In der Lehrerakademie konzertiert morgens eine Studentin virtuos auf einem 3-saitigen Zupfinstrument und wird am Klavier von der Lehrerin begleitet. Kurzbesuch bei Olga Li, der jungen Herausgeberin einer Model-Zeitschrift. Olga berichtet über ihre Arbeit und bewirtet Vasiliy und mich mit leckerem Kuchen und Tee. Und wieder zur Akademie: Diesmal spielen vier begabte Musiker ein feines Konzert extra für mich! Eine Sopranistin singt Lieder und Arien verschiedener Epochen, am Klavier begleitet. Eine Geigerin beweist ihr brillantes Können mit schwierigen Stücken von Paganini, makellos auswendig gespielt; eine tüchtige Pianistin begleitet sie. Ein Genuss! Dann gemütliches Plaudern mit den Künstlern.

Inzwischen ist die übrige Wittener Gruppe von ihrer Busreise in Kursk angekommen.

 

30. Mai

Tag zur freien Verfügung. Ich bin nachmittags bei Familie Sawtschenko eingeladen.

 

31. Mai

Heute beginnt das offizielle Kursker Besuchsprogramm. Um 11 Uhr treffen wir uns in der Städtischen Bibliothek zur gegenseitigen Begrüßung. Wir lernen die neue junge Vorsitzende des russischen Freundeskreises Kursk-Witten, Tatjana Gorbunova kennen, die über ihre Arbeitund Planung berichtet.

Der Kursker Verein hat erfreulich junge Mitglieder. Einige hoch betagte russische Kriegsveteranen werben für Versöhnung und Freundschaft. Ein 85-Jähriger singt für uns drei russische Lieder, zwei ehemalige Zwangsarbeiterinnen erzählen von ihren Erfahrungen in Deutschland während des Krieges.

Am Mittag zu Familie Michailowa, am Nachmittag zu zwei Mitgliedern des Chores Capella: Ella und Irina sind hervorragende Klavierpädagoginnen und geben mir, auswendig vorgetragen, konzertreife Kostproben ihres Könnens.

 

1. Juni

Um 10.30 Uhr Empfang im Rathaus mit Begrüßungsansprachen, dem Austausch von Artigkeiten und Geschenken, alles vom Fernsehen aufgezeichnet und gesendet! In einem besonderen Raum Vitrinen mit typischen Ausstellungsstücken aller Kursker Partnerstädte, liebevoll gestaltet und unbedingt sehenswert.

Nach gemeinsamem Mittagessenim Hotel fahren wir mit dem Bus zu zwei Soldatenfriedhöfen, so auch zu dem neuen deutschen Kriegsgräberfriedhof Besedino. Wir gedenken der Gefallenen und legen Kränze und Blumen nieder. Es begleiten uns junge Russen. Der Leiter beider Gedenkstätten gibt uns ausführliche Informationen.

 

2. Juni

Heute sind wir in der Technischen Universität Kursk. .Anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Universität bieten uns die Studenten ein exzellentes kulturelles Programm. Exzellent auch das Mittagessen in der Universität.

Am Nachmittag der Besuch eines Kindergartens für Behinderte und Kinder aus sozial schwachen Familien. Beeindruckend die ansprechende Atmosphäre. Das Haus ist umgeben von einem Garten mit leuchtenden Blumen, hat viele Spielmöglichkeiten draußen. Das Personal ist sympathisch, in den Räumlichkeiten kleine gemischte Gruppen von Jungen und Mädchen, liebevoll und einfühlsam angeleitet von pädagogisch gebildeten Kindergärtnerinnen. Helle, freundliche Räume, mit vielen Spielsachen. Die Kinder sind begeistert von unseren mitgebrachten kleinen Geschenken. Die Kinder wirken brav und fröhlich. Ein vorbildlicher Kindergarten!

Anschließend bin ich noch bei zwei Familien von Natascha Gusenzewa Kulagina und Natascha Pewen. Beide Nataschas sind Mitglied des berühmten Chores Capella. In bleibender Erinnerung eine abenteuerliche 3/4-stündige Fahrt in einer mit Blumen geschmückten Pferdekutsche durch wildes Gelände. Dabei sind die beiden kleinen Mädchen unserer Nataschas.

 

3. Juni

Ein neuer Glanzpunkt der Reise: die Exkursion nach Shelesnogorsk, einer jungen Stadt 100 km nordwestlich von Kursk, 100.000 Einwohner. Die Stadt ist geprägt vom Eisenerz-Tagebau. Der Bürgermeister empfängt uns und berichtet von der Geschichte des Tagebaus und der Entdeckung des Erzvorkommens durch die "Kursker Magnetanomalie".

 

Und wieder ein Highlight: Junge Künstler der Kindermusikschule bieten uns Kostproben ihres erstaunlichen musikalischen Könnens. Der Jugendchor mit klangschönen Stimmen und großartiger Singdisziplin - perfektes Musizieren! Wir danken mit stürmischem Beifall.

 

Dann zeigt man uns den neu angelegten botanischen Garten, Stolz der Pflegerin. Abschließend Besichtigung des Eisenerz-Tagebaus: Von einem Plateau geht der Blick über das riesige Abbaufeld, kilometerlang und kilometerbreit, bis 350 Meter tief. Danach zeigt uns Herr Isakow sein von ihm geschaffenes Museum über den Erzabbau von Shelesnogorsk. Ein erlebnisreicher Tag!

 

4. Juni

Vormittags Führung durch das Staatliche Technische College, wo z.B. Modedesigner ausgebildet werden. Wir sehen eine professionell gestaltete Modeschau, in der die Models ihre phantastischen eigenen Schöpfungen vorführen.

Am Abend leider Rückreise! Um 22 Uhr Abschied, Geschenke und Post für Witten werden übergeben. In achtstündiger Busfahrt geht es nach Moskau durch die kurze Sommernacht.

 

5. Juni

Um 6 Uhr Ankunft am Flughafen Vnukovo. 12.20 Uhr startet unser Rückflug nach Köln, im bequemen Bus geht es weiter nach Witten, wo wir um 15.00 Uhr wohlbehalten, froh und zufrieden ankommen.

Dank an den russischen Freundeskreis für die schöne Zeit!

Bericht und Fotos von Gerhard Leyen

 

 

 

1. Juni 2009 Pfingstmontag

Ein besonderer Abend bei Tamara und Aleksej

Wieder hatten wir, das sind Angelika, Gila, Heide und Eckhard, einen gemütlichen Abend in einer Kursker Familie. Diesmal bei Tamara und Aleksej. Dabei waren auch unsere schon gemeinsamen Freundinnen Hanna und Tanja. Tamara hatte den Tisch auf der Terrasse reichlich gedeckt.

 

Die Überraschung begann vor dem Essen. Tamara hatte Blumen besorgt, die wir einpflanzen sollten. Diese Idee wurde von allen gern umgesetzt, denn kann es im Freundeskreis Schöneres geben als gemeinsam etwas einzupflanzen, zu begießen und zum Wachsen und Blühen zu bringen?

Es wurde noch ein langer intensiver und fröhlicher Sommerabend, welcher mit dem Wunsch, ein deutsches Lied zu singen, besinnlich ausklang.

Bericht und Fotos von Eckhard Dollase

 

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