Bürgerreise nach Kursk 2003

Deutsche und russische Jugendliche schließen Freundschaft

 

Eine Woche lang waren 26 Wittener Gäste des Freundeskreises in Kursk, der ein reichhaltiges Programm gestaltete. Die sieben jugendlichen Teilnehmer der Reise schlossen Freundschaft mit jungen Leuten aus der Partnerstadt und wollen die Kontakte ausbauen. Zwei Tage Aufenthalt in Moskau mit Stadtrundfahrt, Besichtigungen und Theaterbesuch rundeten das Programm ab.

 

Hier einige Berichte:

 

Auch Jugendliche auf zehntägiger Reise in die Partnerstadt

Sieben der Teilnehmer sind unter 20 Jahre alt. „Viele meiner Mitschüler haben mich gefragt, was ich da will. Dort würden ja alle in unterkühlten Blockhäusern wohnen“, sagt Larissa Fresdorf, mit 16 Jahren die zweitjüngste Teilnehmerin. Sie weiß aber, dass es in Kursk im Sommer ähnlich warm ist, wie in Witten. Über den Lebensstandard macht sie sich nichts vor: „Wir wissen, dass wir die Verhältnisse von hier nicht erwarten dürfen“, meint die Waldorfschülerin. „Ich wollte mal was Neues ausprobieren. Wann hat man die Gelegenheit in ein so unbekanntes Land zu reisen“, meint Lea Radtke (18). Ihre Zwillingsschwester Esther hat eine besondere Motivation: „Unser Vater berichtete uns immer spannend von der Basilius-Kathedrale, die er mal besichtigt hat. Da möchte ich mal mitreden können.“

An kulturellen Sehenswürdigkeiten wird es nicht mangeln. Der Besuch einer Aufführung im weltberühmten Bolschoi-Theater steht ebenso auf dem Programm, wie die Kranzniederlegung am Kursker Bogen. Am 2.August 1943 fand dort die erbittertste Panzerschlacht der Weltgeschichte statt. Zum 60. Gedenktag ist auch Vladimir Putin vor Ort. „Eine Begegnung wäre schon toll. Aber es ist wohl aussichtslos bei ihm eine Audienz zu bekommen“, sagt der 19-jährige Damir Softic.

 

 

Gastfreundschaft inklusive

Delegation des Vereins Witten-Kursk startet heute zur zehntägigen Austauschreise

Wenn am heutigen Donnerstag vom Düsseldorfer Flughafen ein Flieger mit Zielort Moskau abhebt, sitzen auch 26 Wittener mit an Bord. Der Freundeskreis Witten-Kursk bringt mit seiner zehntägigen Kursk-Reise Farbe in die Urlaubserfahrungen auch vieler Jugendlicher.

Die Austauschreisen zwischen Kursk und Witten haben mittlerweile Tradition. Jeweils im Wechsel kommt eine russische Gruppe nach Witten, ehe im darauf folgenden Jahr die Wittener die Großstadt Kursk (550.000 Einwohner) besuchen.

Im letzen Jahr waren die Kursker in Witten. „Damals habe ich auch meine jetzige russische Brieffreundin kennen gelernt. Bei ihr werde ich in Kursk wohnen“, erzählt Lea (18), die zum ersten mal nach Russland fliegt, wie viele der Mitreisenden. Außer Lea sind noch sechs weitere Jugendliche mit dabei.

„Was willst du denn da? Das war die erste Reaktion meiner Mitschüler“, erinnert sich Larissa (16). Die Klischees sind weit verbreitet: „Ist doch voll kalt dort und da gibt’s nur Wodka - das musste ich mir anhören“, erklärt Esther (18), die sich vom Gegenteil überzeugen will. In Kursk, das etwa 500 km südlich von Moskau liegt, zeigen die Thermometer im Sommer dieselben Werte an wie in Witten. Hier zu Lande genießt man Wein, andernorts Whisky und dort eben Wodka.

Was bewegte die Schüler trotz so vieler negativer Kommentare doch zu der Reise? Bei allen kristallisiert sich dasselbe Motiv heraus: Mal was anderes erleben. Die Gelegenheit nach Russland zu kommen böte sich nicht oft, so schlugen sie bei dem Angebot sofort zu. Es muss halt nicht immer der Mallorcaurlaub sein.

Als die beiden Geistlichen Kyrillos und Methodios vor über 1100 Jahren eine Schrift erfanden („kyrilliza“), die in Russland noch heute gilt, dachten sie nicht an Charlotte (15) und Larissa (16). Die beiden lernen an der Blote -Vogel - Waldorfschule in Annen seit neun Jahren Russisch.

Dadurch vertraut mit der russischen Lebensweise, ist den Schülern klar, was sie in den Gastfamilien erwarten dürfen. Denn einen Lebensstandard wie in Deutschland wird es für sie dort nicht geben. Es geht einfacher zu.

Das einstige Zarenreich hatte aber auch höchst glanzvolle Seiten. Spätestens bei dem dreitägigen Aufenthalt in Moskau wird das deutlich werden. Dann steht ein Besuch des Bolschoi-Theaters ebenso auf dem Plan wie die Kreml-Besichtigung.

„Meine Gastmutter macht sich jetzt schon Gedanken was sie kochen soll. Und die Datscha richtet sie auch schon her.“, hat Lea schon einen Vorgeschmack auf ihre herzliche Aufnahme bekommen.

Auszug aus dem Bericht in den Ruhrnachrichten am Donnerstag, 31.07.2003 von Damir Softic

 

 

Russland verstehen

Eindrücke zweier Mitreisender der Kursk-Fahrt

Der Freundeskreis Kursk-Witten bereitete uns in Kursk einen herzlichen Empfang. Wir hatten in dieser Zeit ein interessantes Programm. Unsere russischen Freunde zeigten uns ihre Stadt, die für sie wichtigen Ehrenmäler verschiedener Kriege und das Dorf Swoboda („Freiheit“) mit dem fantastischen Kloster Korennaya. Nach umfassenden Renovierungsarbeiten erstrahlt die Anlage in neuem Glanz. Im angrenzenden Heiligen Fluss nahmen viele Pilger rituelle Waschungen vor. Wir lernten die Eisenerzstadt Shelesnogorsk kennen, die durch ihren gigantischen Eisenerz-Tagebau und die hohe Eisenerzkonzentration im Boden (Kursker Magnet-Anomalie) weltbekannt ist. In Kursk selbst besuchten wir wichtige kulturelle Institutionen wie das Haus der Künstler, die Gebietsbibliothek, eine Berufsschule und das Jugendtheater Rowesnik. Wieder beeindruckte uns die vielfältige und lebendige Kultur, die in der Bevölkerung breit akzeptiert, mit Stolz registriert und freudig angenommen wird. Im Gebietskinderkrankenhaus und im Altenheim Sosnowy Bor informierten wir uns über die vom Freundeskreis Witten-Kursk mitfinanzierten Renovierungsmaßnahmen.

Viele Gruppenmitglieder waren in Familien untergebracht, aber auch so gab es viele Gelegenheiten, mit den Menschen in Kursk in Kontakt zu kommen. In vielen Gesprächen mit Leuten unterschiedlichster Biographie gewannen wir Einblicke in die politische, wirtschaftliche und soziale Situation der Stadt und des Landes:

Die demokratische Entwicklung steht noch im Anfang. Das Rechtssystem ist in vielen Bereichen noch nicht an die neuen Gegebenheiten angepasst oder wird noch nicht umgesetzt. Die schlechte Besoldung der Staatsdiener befördert leider die Korruption.

Die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch und die wirtschaftliche Entwicklung stagniert. Die Gehälter sind im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten sehr niedrig. Sowohl das Gesundheits- als auch das Bildungswesen sind seit der Einführung der Marktwirtschaft nicht mehr kostenlos für den Bürger, selbst für normale Einkommensverhältnisse gibt es finanzielle Hürden. Der Alkoholismus, praktisch als Folge der schwierigen Situation, grassiert.

Das faszinierendste in diesem Land und in Kursk sind wohl die Menschen selbst. Wir trafen alte Freunde, gewannen neue hinzu und sprachen, lachten und feierten mit ihnen. Wir lebten mit ihnen und sahen, wie sie leben. Wir erlebten Russland von innen, hautnah und versuchten zu verstehen. Wir bewunderten die Fähigkeit der Menschen, sich trotz der immensen Schwierigkeiten im Land nicht unterkriegen zu lassen, lebensfroh zu sein, zu singen und zu tanzen, wann immer sich eine Gelegenheit dazu ergab gemäß dem russischen Sprichwort:

„Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Verena von Grote, Elisabeth Lappe-Oeynhausen

 

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