Rede zur Eröffnung der Ausstellung „25 Jahre Partnerschaft zwischen Witten-Kursk“
am 28.06. 2016 im Rathaus der Stadt Witten

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Gäste aus Kursk, sehr geehrte Vertreter der Hardenstein- und der Holzkamp-Gesamtschule, liebe Schülerinnen und Schüler aus Kursk und Witten,

zunächst recht herzlichen Dank, dass sie alle diese Einladung angenommen haben und in so großer Anzahl hier diese Veranstaltung somit wertschätzen. Zugleich hoffe ich, dass unsere Kursker Gäste die erste Nacht hier in Witten gut verbracht haben und sich von der anstrengenden Reise erholen konnten.

Wir begehen in diesem Jahr das 25-jährige Bestehen unserer  Städtepartnerschaft Witten-Kursk, die 1991 von den Spitzen beider Stadtverwaltung formal vereinbart wurde. Anlässlich dieses Ereignisses stand die Frage an, wie diese Zeit am besten zu vermitteln ist neben den Veranstaltungen, die in den vergangenen Tagen und Wochen hier in Witten stattfanden.

Wie können also 25 Jahre intensiver Arbeit mit unterschiedlichen Projekten, Hilfsaktionen, kulturellem Austausch und regelmäßigen, jährlichen Bürgerbegegnungen präsentiert werden? Und wie kann die große Anzahl von Menschen in Kursk und in Witten, die sich in diese aktive Friedensarbeit inzwischen eingebracht haben, verdeutlicht werden?

Dabei lässt sich dieser Erfolg allerdings nicht denken ohne dass die Zeit vor 1991, der 80iger Jahre, mit einbezogen wird. Gewissermaßen auf dem letzten Höhepunkt des Kalten Krieges (Nato-Doppelbeschluss) haben sich hier in Witten friedensbewegte Frauen und Männer für eine blocküberwindende Kontaktaufnahme zu einer Stadt in Russland eingesetzt. Ziel war es, bestehende Feindbilder abzubauen, der Spirale des Schreckens ein Friedenszeichen entgegenzusetzen und zugleich den Versöhnungsprozess mit den Bürgern und Bürgerinnen des Landes, das unter der deutschen Okkupation und Besatzung besonders gelitten hat, auf der zivilgesellschaftlichen Ebene anzugehen.

Aus dieser gemeinsamen friedensbasierten Arbeit heraus wurde 1987 der Freundeskreis Witten-Kursk gegründet, der dann, über viele weitere Einzelschritte, zu dem wurde, was diese Städtepartnerschaftsverbindung heute ausmacht. Den Aktivisten von damals, den Gründungsmitgliedern und Erstfahrern in beiden Städten, hierfür nochmals herzlichen Dank. Namentlich sind hier besonders und stellvertretend für das Engagement vieler anderer zu nennen auf Wittener Seite Christa Thierig und auf Kursker Seite Vera Fillipowa.

Von Anfang an war allen Beteiligten klar, das diese Partnerschaft nur durch Aktivitäten der Zivilgesellschaft, der Bürgerschaft, mit Leben gefüllt werden kann. Ratsbeschluss und formale Vereinbarung der Städte (auf Kursker Seite zunächst der Stadtteil Industrie) bildeten hierfür eine wichtige Plattform.

Viele Vereinsmitglieder, aber auch viele Wittener Bürgerinnen und Bürger auch ohne diesen Vereinstatus, halfen bei der Arbeit, insbesondere in den ersten Jahren, als es um materielle Hilfe in Kursk ging. Unternehmen und Institutionen, wie z. B. Rotes Kreuz, unterstützen die Hilfslieferungen, Ärzte spendeten medizinische Geräte, Aus- und Weiterbildung fanden an hiesigen Krankenhäusern, am Berufskolleg oder an zentralen Bildungsstätten statt. Eine Altenpflegeausbildung konnte mit hiesigem know-how in Kursk installiert werden.

Die russische Kultur der Klassik aber auch der Gegenwart konnte an Beispielen wie Rowesnik-Theater, Chor Capella, a-capella- Sextett „Der sechste Sinn“ Staatliches Figurentheater Kursk, hier in Witten vermittelt werden. Schulische und universitäre Austauschmöglichkeiten wurden eingerichtet. Die deutsche Woche in Kursk fand große öffentliche Beachtung. Dies sind nur einige Beispiele der umfangreichen Tätigkeit.

Eine besondere Bedeutung haben nach wie vor die regelmäßigen gegenseitigen Bürgerreisen zwischen Kursk und Witten, an denen sich inzwischen viele Wittener und Kursker Bürgerinnen und Bürger, aber auch Menschen aus anderen Städten beteiligt haben. Austausche und Freundschaften entstanden, gemeinsame Aktivitäten wurden unternommen, wie z. B. Paddeltouren auf der Ruhr oder der Swappa in Kursk.

Wie kann diese Arbeit der über 25 Jahre vermittelt werden?

Inzwischen haben wir eine große Sammlung von Bildmaterial aus diesem Zeitraum und darüber hinaus in unserem Archiv und bei vielen Vereinsmitgliedern vorliegen. Daher haben wir uns dazu entschieden, Bilder von Menschen und Begegnungen in Witten  und in Kursk in einem Plakat, das aus vielen Einzelfotos zusammengesetzt ist, darzustellen. Die mehr als 25 Bilder zeigen unter anderem Begegnungen der ersten Stunde, nämlich die Unterzeichnung der Partnerschaft hier im Rathaus, die Ankunft von Hilfskonvois in Kursk (an der sich viele Wittener Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen beteiligt haben), kulturelle Auftritte mit dem Chor Capella oder der Gruppe „Sechster Sinn“, dem Theater Rowesnik und der Ruhrbühne, Weiterbildungsprojekte beispielsweise im Bereich der Medizin und natürlich immer wieder die Begegnungen in den Familien. Was nahezu alle Fotos verbindet, ist die Freude der Menschen über diese Grenzen überwindende Zusammenkunft und die Zusammenarbeit in diesem Zeitraum.

Es ist, glaube ich, nicht falsch zu sagen, dass die anfängliche Anzahl der Menschen, die sich um diese Partnerschaft hier in Witten bemüht haben, nicht mehr als 20-30 Personen umfasste und diese Zahl in den 25 vergangenen Jahren
- in beiden Städten - inzwischen ein vielfaches umfasst. Der Name unserer Stadt ist in Kursk in breiten Teilen der Bevölkerung bekannt, wie dies auch umgekehrt hier bei uns mit Kursk ist. Dies ist doch ein ganz besonderer Erfolg.

Wo stehen wir jetzt?

Als die Arbeit des Freundeskreises Anfang der 90-iger Jahre konkret begann, waren wir alle voller Hoffnung, dass wir einer friedvollen Entwicklung entgegen gingen. Geostrategisches Blockdenken schien beendet, die Existenz der Militärbündnisse nur noch eine Frage der Zeit. Heute wissen wir  es besser. 25 Jahre nach der Städtepartnerschaftsvereinbarung ist die globale Entwicklung wieder mehr als bedrohlich, Krieg wieder in Europa angekommen, Nationalismus breitet sich aus.

Daher kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese Arbeit fortgesetzt werden muss und wir daher überaus froh sind, dass gemeinsame Ideen zum Frieden entwickelt wurden, wie zum Beispiel in der gemeinsam formulierten Resolution zum Ukraine-Konflikt, die viele Bürgerinnen und Bürger unterschrieben haben, dass neue Kooperationen angegangen wurden wie im Bereich der Kultur mit dem Städtepartnerschafts-Jazz-Konzert in Witten, dem Figurentheater Kursk in der Ruhrbühne und insbesondere im schulischen Bereich mit unseren Wittener Gesamtschulen Holzkamp und Hardenstein und mit den Schulen Nr. 32 und Lyzeum Nr. 6 in Kursk, und dass damit der Friedensgedanke weitergetragen wird. Diese und zusätzliche Kooperationen müssen verstetigt werden. Dazu gehört natürlich weiterhin der persönliche Austausch durch die Bürgerreisen. Das dies in Kursk auch so gesehen wird, wurde uns anlässlich unseres Besuches in unserer Partnerstadt in 2015 verdeutlicht, als der Leiter der Kursker Stadtverwaltung, Nikolai Ovcharov, in seiner Rede betonte, dass gerade in diesen schwierigen Zeiten den Städtepartnerschaften eine ganz besondere Bedeutung zukommt und dass diese weitergetragen werden müssen.

Vielen Dank für ihre und eure Aufmerksamkeit, vielen Dank an die Aktiven dieser Ausstellung und unseren Gästen eine schöne Woche hier in Witten mit vielen gemeinsamen Erlebnissen, interessanten Gesprächen und neuen Eindrücken. Doch zunächst viel Spaß bei der Betrachtung der Bilder.

Dieter Boele

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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